Kaffee bringt morgens Glück, nachmittags schlechteren Schlaf
Kaffee am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen: Insbesondere die erste Tasse führt zu einem Glückskick.
Über den Lieblingsmuntermacher vieler Menschen sind zwei neue Studien erschienen. Die deutschen Universitäten Bielefeld und Warwick untersuchten den Zusammenhang zwischen morgendlichem Kaffeekonsum und Stimmungslage. Die Ergebnisse wurden im Fachjournal Scientific Reports veröffentlicht und zeigen, dass eine Tasse Kaffee am frühen Morgen zu einem Anstieg positiver Emotionen wie Glück, Enthusiasmus und Zufriedenheit führt. Und das unabhängig von der gewohnten Konsummenge oder der Schlafqualität.
236 Erwachsene nahmen an der Studie teil und wurden während vier Wochen mehrmals täglich via Smartphone-App befragt. Sie gaben dabei ihre Stimmungslage an und ob sie in den 90 Minuten zuvor ein koffeinhaltiges Getränk zu sich genommen hatten. Die Teilnehmenden berichteten insbesondere nach der ersten Tasse Kaffee am Morgen von einem deutlichen Anstieg von Glücksgefühlen und Enthusiasmus, deutlich stärker als zu jeder anderen Tageszeit. Traurigkeit und Ärger nahmen nach Kaffeekonsum leicht ab, jedoch unabhängig von der Tageszeit oder Konsummenge.
Koffein drängt sich vor und schaltet Partymodus ein
Diese Ergebnisse hatten die Forscherinnen und Forscher so nicht erwartet. “Wir waren überrascht, dass die stimmungsaufhellende Wirkung unabhängig von individuellen Merkmalen ausfiel“, sagt Justin Hachenberger von der Universität Bielefeld. Wissenschaftlich wird das so erklärt, dass Koffein die Adenosinrezeptoren im Gehirn blockiert, was zu einer Erhöhung der Dopaminaktivität in belohnungsrelevanten Arealen führt.
Etwas einfacher gesagt: Adenosin ist ein Botenstoff, der Müdigkeit signalisiert. Nach Kaffeekonsum besetzt Koffein die Plätze, wo Adenosin andocken würde. Das Gehirn schaltet also nicht in den Müde-Modus, weil sich das Koffein vorgedrängelt hat. Stattdessen steigt die Aktivität des Glücks- und Belohnungs-Botenstoffs Dopamin in wichtigen Gehirnregionen. Das führt zum Glückskick, der Partymodus wird aktiviert.
Frühmorgens macht Kaffee noch glücklich, der Nachmittagskaffee beeinträchtigt aber die Schlafqualität.
Schlafqualität sinkt mit zu viel Koffein
Der erste Kaffee am Morgen vertreibt also nachweislich nicht nur Kummer und Sorgen, sondern macht auch glücklich und zufrieden. Für die weiteren Kaffees ist dieser Effekt dann weniger stark und es gibt einen weiteren guten Grund, um insbesondere auf Kaffee am Nachmittag zu verzichten.
Der Konsum von zwei Tassen Kaffee nach dem Mittag stört nämlich die Schlafqualität, wie eine im Fachmagazin Communications Biology veröffentlichte Studie zeigt. Zwar hat der Nachmittagskaffee keinen Einfluss darauf, ob jemand einschlafen kann oder wie lange jemand schläft. In einzelnen Schlafphasen wurde aber ein aktiverer, weniger erholsamer Zustand gemessen.
Schlaf wird weniger erholsam
Die Forscherinnen und Forscher untersuchten 40 gesunde Probanden im Alter von 21 bis 58 Jahren in einem Doppelblind-Versuch. Die Teilnehmenden verbrachten zwei Nächte im Schlaflabor, einmal erhielten sie am Nachmittag 200 mg Koffein, das entspricht zwei Tassen Kaffee, das andere Mal ein Placebo. Die Probanden wussten nicht, ob sie Koffein erhalten hatten, die Forscherinnen und Forscher ebenfalls nicht.
Im Schlaflabor wurde die Schlafqualität mittels EEG gemessen und die Schlafphasen verglichen. Beim Koffeinkonsum zeigte sich insbesondere in Tiefschlafphasen eine höhere Aktivität als ohne Koffein. Wie beim Morgenkaffee blockiert auch hier das Koffein den Müdigkeits-Botenstoff Adenosin, das Gehirn bleibt dadurch auch im Schlaf aktiver.
Statt ruhiger, tiefer Wellen wurden im EEG schnellere, chaotischere Signale beobachtet. Das hat Auswirkungen auf Erholung und Gesundheit. Im Non-REM-Schlaf und insbesondere im Tiefschlaf werden normalerweise Zellen repariert, das Immunsystem gestärkt, das Gedächtnis gefestigt und Stresshormone abgehaut. Mit zu viel Koffein wird diese Phase gestört, die Schlafqualität nimmt ab. Das kann zu schlechterer Stimmung und weniger Aufmerksamkeit am nächsten Tag führen.
Kaffeestopp 9 Stunden vor dem Einschlafen
Die Resultate decken sich weitgehend mit einer etwas kleineren australischen Studie aus dem Jahr 2024 und früheren Studien zu Kaffeekonsum bis zu sechs Stunden vor dem Einschlafen sowie einer Meta-Analyse von 12 Studien aus dem Jahr 2023. In letzterer rieten die Forscherinnen und Forscher dazu, neun Stunden vor dem Zubettgehen keinen Kaffee mehr zu trinken.
Auch Schlafexperten raten dazu, nach dem Mittag keinen Kaffee mehr zu trinken. Das kann für Nachtmenschen noch um 14 Uhr sein, wer früher ins Bett geht, sollte das entsprechend anpassen. Schlafexperte John Whyte erklärte in einem Interview mit CBS News, dass Koffein eine Halbwertszeit von etwa fünf Stunden hat, im Körper aber bis zu 10 Stunden wirkt. “Viele denken, 15 Uhr sei nicht zu spät für einen Kaffee, dass der Schlaf dadurch noch nicht gestört wird. Aber der Schlaf wird beeinträchtigt, ich sehe es bei meinen Patienten immer wieder”, sagte er.