Mehr als Glück und Sinn: Das dritte Konzept für ein gutes Leben

Sich selber herausfordern, Tiefschläge überwinden und Abenteuer erleben: Für viele Menschen entspricht eine solche psychologische Reichhaltigkeit einem guten Leben.

Viele Menschen streben auf der Suche nach einem guten Leben nach Glück oder Sinn. Diese beiden Wege sind auch jahrelang erforscht und galten bislang als sichere Antwort auf die Frage nach einem guten Leben. Nun hat ein Forschungsteam aber eine dritte Lösung näher definiert: Das psychologisch reiche Leben.

Shigehiro Oishi und Erin Westgate haben dieses dritte Lebenskonzept bereits vor einiger Zeit erforscht und nun genauer untersucht. Ein psychologisch reiches Leben zeichnet sich demnach durch neue, herausfordernde und perspektivenverändernde Erfahrungen aus. Es kann spannend sein, aber auch unbequem. Die Erfahrungen können aus einem Tiefpunkt im Leben entstehen, die zu neuen Einsichten oder einer kompletten Veränderung des Lebensentwurfs führen.

Die drei Konzepte Glück, Sinn und psychologische Reichhaltigkeit schliessen sich über ein ganzes Leben gesehen nicht aus, sondern wechseln sich ab oder ergänzen sich in verschiedenen Lebensphasen unterschiedlich. Das Forschungsduo Oishi und Westgate wollte es aber genauer wissen und hat Studienteilnehmende gefragt, welches Leben sie wählen würden, wenn sie sich für ein Konzept entscheiden müssten.

Die meisten entschieden sich für ein glückliches Leben mit positiven Emotionen, angenehmen Routinen und Komfort. Es folgte das sinnerfüllte Leben mit einem klaren Zweck, tiefer Bedeutung und Werten. Je nach Kultur sagten aber bis zu 17 Prozent, dass sie ein psychologisch reiches Leben wählen würden. Am meisten waren es in Europa, in Asien waren es nur knapp 7 Prozent. Zur empirischen Erfassung nutzten sie die “Psychological Richness Scale”, mit der der Grad psychologischer Reichhaltigkeit wissenschaftlich fundiert untersucht wird.

Die eigene Komfortzone verlassen und etwas Neues wagen

Das psychologisch reiche Leben definieren Oishi und Westgate in vier Kategorien: Neuheit, Komplexität, Perspektivwechsel und emotionales Spektrum.

Es ist demnach einerseits geprägt von Neugier, Offenheit und Abenteuer. Gegenüber dem glücklichen oder sinnerfüllten Leben ist es mit grösserem Vertrauen, dem Blick für das grosse Ganze, politische Toleranz und liberalen Weltansichten assoziiert. Wer ein psychologisch reiches Leben sucht, wagt neue Herausforderungen, probiert neue Hobbys aus, sagt eher mal Ja und kommt so vielleicht zu überraschenden Erlebnissen, neuen Bekanntschaften und Einsichten.

Diese Suche nach Vielfalt birgt aber Herausforderungen: Neue Erfahrungen können überfordern und Stress erzeugen. Ein ausgewogenes Verhältnis von Entdeckung und Sicherheit soll gemäss Oishi und Westgate helfen, Überforderung zu vermeiden.

Raus aus der Komfortzone, die Routine durchbrechen und Erlebnisse schaffen: Psychologische Reichhaltigkeit erfordert Überwindung, stärkt aber die mentale Gesundheit.

Das Konzept ist auch mit viel Reflexion verbunden. Viele Menschen berichteten dem Forschungsduo, dass sie durch einen Verlust, eine Trennung oder einen Tiefschlag zu einem psychologisch reichen Leben fanden. Einerseits weil ein Schicksalsschlag die Routine durchbrechen und Denkmuster oder Selbstbilder infrage stellen kann. Es gibt Raum für eine Neuausrichtung oder neue Einsichten.

Andererseits liegt die psychologische Reichhaltigkeit auch im Rückblick auf diese Ereignisse. Wer aus schmerzhaften Erfahrungen oder missglückten Abenteuern gestärkt und resilienter hervorgeht, speichert dies als “Highlight” im Gedächtnis. Im Idealfall wird das erlebte Leid im Rückblick zum Erzählstoff des eigenen Lebenswegs, ein Tiefpunkt, der die Person zur Auseinandersetzung mit sich selbst gebracht oder neue Begegnungen ermöglicht hat. Menschen, die ihr Leben als psychologisch reich definieren, verfügen oft über ungewöhnliche Erlebnisse und Geschichten, aus denen sie gestärkt und verändert hervorgegangen sind.

Oishi und Westgate befragten die Teilnehmenden ihrer Studie auch nach ihrem grössten Bedauern im Leben. Dabei wurde die verpasste Chance, aus einer grossen Enttäuschung etwas Positives zu machen, überraschend oft genannt. Viele Menschen bereuen also, Tiefschläge nicht als Gelegenheit für persönliches Wachstum und ein psychologisch reiches Leben genutzt zu haben.

Ungewohntes als Chance sehen und nicht als Bedrohung

Doch wie gelingt das? Wer sein Leben psychologisch bereichern will, sollte sich selber nicht zu ernst nehmen, rät Forscher Oishi im Gespräch mit der Washington Post. Man soll offen bleiben für neue Erlebnisse und diese auch ausserhalb der eigenen Komfortzone suchen. Als Beispiele nennt er, ein anderes Viertel des Wohnorts erkunden, in einem Brockenhaus stöbern, einen Second-Hand-Buchladen besuchen, einen ungewöhnlichen Kurs oder Workshop besuchen, ein Instrument spielen lernen, ein neues Hobby ausprobieren oder einfach mit fremden Menschen ins Gespräch kommen. Es gehe darum, Neues auszuprobieren, vor allem Dinge, die einem herausfordern oder sogar kleine Abenteuer sind.

Auch Flexibilität gilt als Schlüssel zum psychologisch reichen Leben. Anstelle von fixen Plänen und Tagesabläufen auch Raum für Unerwartetes lassen, beim Essen im Restaurant etwas Ungewohntes bestellen, anstatt des immergleichen Klassikers. Im Umgang mit Menschen nicht urteilen, sondern neugierig bleiben, Fragen stellen, aktiv und echt zuhören. Ungewohntes soll nicht als Bedrohung, sondern als Chance gesehen werden, sagt Oishi. Auch stellvertretene Erlebnisse können den psychologischen Reichtum fördern, sei es durch das Lesen von Büchern oder das Eintauchen in fremde Gefühlswelten durch Musik.

Erlebnisse sollten dokumentiert werden, in Bildern oder in kurzen Notizen, denn auch der Rückblick auf alle Erfahrungen und Abenteuer trägt zum reichhaltigen Leben bei.

Zugleich werden Rückschläge und Hürden dann als Chance, um etwas über sich zu lernen und zu wachsen. Diese Erlebnisse können vertieft werden, indem man sie reflektiert. Beispielsweise in einem Notizbuch. Dazu braucht es kein umfassendes Tagebuch, es genügt, die Gedanken in wenigen Worten festzuhalten. Erlebnisse können aber auch in Bildern dokumentiert oder anderen Menschen erzählt werden. Wer in der Partnerschaft oder in Freundschaften offen über Gefühle, Erfolge oder Verluste reden kann, fördert die psychologische Reichhaltigkeit im Leben.

Langfristige Studien verknüpfen psychologisch reiche Leben mit höherer Weisheit, Flexibilität und Gelassenheit. Menschen, die beständig lernen und ihr Weltbild anpassen, entwickeln mit der Zeit oft eine gelassenere Haltung gegenüber Unsicherheit. Das psychologisch reiche Leben ist aber auch mit intensiveren positiven und negativen Emotionen verbunden, während beispielsweise glückliche Menschen die positiven Emotionen stärker und negative Emotionen schwächer erleben.

Je nach Lebensphase sind Glück oder Sinn wichtiger

Was ein gutes Leben ist, kann zwar selbst bestimmt werden, die Familie oder auch die Kultur prägt das aber sehr weit vor. Dass in Europa bis zu 17 Prozent und in Asien nur knapp 7 Prozent der Befragten ein psychologisch reiches Leben wählten, zeigt, dass individualistische Kulturen persönliche Autonomie und Risikobereitschaft begünstigten, während gemeinschaftliche Kulturen soziale Harmonie und vorhersagbare Lebenswege höher gewichten.

Entscheidend ist wie so oft nicht das Ziel, sondern der Weg. Je nach Lebenssituation oder -phase können andere Konzepte wichtig sein. Glück ist mit positiven Emotionen verbunden. Glückliche Momente geben Energie und reduzieren Stress. Sinn ist mit Motivation, Halt in Krisen und klaren Werten verknüpft. Die psychologische Reichhaltigkeit ruft hingegen nicht unbedingt positive Emotionen oder Sinn hervor, sondern fördert persönliches Wachstum und schafft mentalen Reichtum durch die verschiedenen Perspektiven und Erfahrungen.

Wer mehrheitlich sinnerfüllt lebte, würde am Ende des Lebens vielleicht sagen: “Ich habe einen Unterschied gemacht”, wer glücklich lebte, könnte sagen: “Es war schön, es hat Spass gemacht”. Eine Person, die ein psychologisch reiches Leben geführt hat, wird wohl zufrieden zurückblicken und beispielsweise auch sagen: “Das war aber mal eine Reise.”

Quellen:

University of Florida: Psychologists introduce third path to a ‘good life’ — one full of curiosity and challenge

A psychologically rich life: Beyond happiness and meaning

Washington Post: Here’s what science considers a path to a good life


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