Batman-Effekt: Wie ein Kostüm zu mehr Hilfsbereitschaft führt
Eine als Batman verkleidete Person verändert das Verhalten von Menschen zum Positiven, wie eine Feldstudie gezeigt hat. Foto: Jon Tyson (Unsplash)
Steigt Batman in einen vollen Zugwagen, wirkt sich das spürbar und positiv auf die Fahrgäste aus. In einem Versuch wurde einer schwangeren Frau viel häufiger ein Sitzplatz angeboten, wenn eine als Batman verkleidete Person neben ihr stand. Und das, obwohl die hilfsbereiten Personen diesen Batman meist gar nicht bewusst wahrnahmen.
Die Studie wurde nun im Fachjournal npj Mental Health Research veröffentlicht und zeigt, dass ein unerwarteter Reiz Routinen durchbrechen und die Aufmerksamkeit neu ausrichten kann. Plötzlich sehen wir unsere Mitmenschen klarer und helfen öfter.
Im Versuch in der Mailänder U-Bahn stand in 37 Prozent der beobachteten Situationen eine Person auf und bot einer zugestiegenen Schwangeren einen Platz an. Wenn gleichzeitig auch eine als Batman verkleidete Person einstieg, wurden der Schwangeren in 67 Prozent der Fälle ein Sitz angeboten.
Die Hilfsbereiten sagten bei Nachbefragungen, dass sie ihren Platz aufgrund von sozialen Normen, der Erziehung oder Sicherheitsgründen freigaben. Niemand verknüpfte das eigene Verhalten bewusst mit dem Auftauchen von Batman und fast die Hälfte (44%) gab sogar an, diesen Batman gar nicht gesehen zu haben.
Achtsamkeit: Wach im Moment
Die Forschenden betonen in der Studie, dass unerwartete Reize wie kleine Achtsamkeits-Trigger wirken. In der U-Bahn, im Zug oder Tram sind die Menschen im Autopilot-Modus und beispielsweise mit dem Smartphone beschäftigt. Kommt ein ungewöhnlicher Reiz wie der verkleidete Batman in diesen Automatismus, richtet sich die Aufmerksamkeit neu aus und lässt Menschen die Bedürfnisse anderer wahrnehmen. Das ähnelt dem Prinzip der Achtsamkeit, also bewusst im Hier und Jetzt zu sein.
Das Team hinter der Studie vermutet, dass die Figur des Batman besonders geeignet ist, um Hilfsbereitschaft auszulösen. In den Comics setzt Batman sich für das Gute ein, er versucht Menschen zu helfen und bekämpft Verbrechen. In weiteren Versuchen müsste nun ausprobiert werden, wie andere Reize sich auf die Hilfsbereitschaft auswirken, also Personen in andere Kostümen oder andere Interventionen.
Soziale Normen im Alltag
Der Batman-Versuch war der erste dieser Art, schreiben die Autorinnen und Autoren der Studie. Ähnliche Experimente gab es zuvor beispielsweise mit Schildern, statt verkleideten Menschen. In einer im Fachmagazin Frontiers in Psychology veröffentlichten Versuchsreihe platzierten Forschende solche kleine Hinweise, um ein bestimmtes Verhalten zu fördern. Das gelang in einigen Fällen, so dass Menschen beispielsweise weniger Papierhandtücher benutzten oder eher für Recyclingmassnahmen bereit waren. Der Effekt beruht gemäss der Studie darauf, dass wir sich Menschen stark an Gruppenerwartungen orientieren. Ein Schild, das zum Treppensteigen ermunterte, statt den Lift zu benutzen, war aber weitgehend wirkungslos.
Intuition vs. Reflexion
Ein anderes Feldexperiment verglich, ob Menschen eher helfen, wenn sie spontan handeln oder wenn sie länger nachdenken. Das Ergebnis der in der Online-Fachzeitschrift PLOS One veröffentlichten Studie war überraschend: Hilfsbereitschaft entstand eher spontan, während reflektiertes Abwägen diese eher verringerte. Offenbar spielt die erste, unbewusste Reaktion eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, anderen beizustehen. Das Experiment zeigt, dass Hilfsbereitschaft oft aus dem Bauch heraus entsteht und dass zu viel Nachdenken sie sogar blockieren kann.
Hilfsbereitschaft macht glücklich
In der positiven Psychologie gilt Hilfsbereitschaft als wichtige Übung, um die Lebensfreude zu verbessern und zufriedener mit sich zu sein. Eine aktuelle Übersichtsarbeit beweist diesen Zusammenhang zwischen solch prosozialem Verhalten und dem Glücksempfinden. So zeigten mehrere Experimente, dass Menschen, die regelmässig kleine Gesten der Hilfsbereitschaft zeigen, nicht nur anderen etwas Gutes tun, sondern auch ihr eigenes Wohlbefinden steigern. Die Wirkung ist doppelt: Wer freundlich handelt, erlebt mehr positive Emotionen und fühlt sich stärker mit seiner Umgebung verbunden.
Tipps für den Alltag
Hilfsbereitschaft ist trainierbar. Einfache Übungen helfen dabei, den Autopiloten auszuschalten und die Umgebung bewusster wahrzunehmen.
Routinen durchbrechen: Auf dem Arbeitsweg oder beim Einkaufen bewusst anders gehen, schauen oder handeln und so den Blick für andere öfnnen.
Mini-Gesten üben: Tür aufhalten, ein Lächeln schenken, beim Tragen helfen, ein Kompliment machen, den Platz anbieten.
Hilfsbereitschaft als Training: Wenn es spontan nicht klappt, dann eine Hilfsaktion pro Tag gezielt planen, bis es zur Gewohnheit wird.
Achtsamkeit trainieren: Kurz innehalten, durchatmen, die Umgebung bewusst wahrnehmen. Schauen, was andere machen, wer Unterstützung brauchen könnte.
Digitale Hilfen: Fragen in einem Forum beantworten oder ehrliche Produktbewertungen, die anderen beim Online-Shopping helfen.
Selbstpflege: Auf sich selber achten: Pausen gönnen, genug schlafen, sich selbst vergeben und belohnen.
Jede kleine Hilfsbereitschaft wirkt doppelt: sie hilft anderen und hebt die eigene Stimmung.
Quellen
Batman-Studie: Pagnini, F., Grosso, F., Cavalera, C., Poletti, V., Minazzi, G. A., Missoni, A., Bogani, L., & Bertolotti, M. (2025). Unexpected events and prosocial behavior: the Batman effect. npj Mental Health Research, 4(1), 1–4. DOI: 10.1038/s44184-025-00171-5
Soziale Normen im Alltag: Mundt, D., Batzke, M. C. L., Bläsing, T. M., Gomera Deaño, S., & Helfers, A. (2024). Effectiveness and context dependency of social norm interventions: five field experiments on nudging pro-environmental and pro-social behavior. Frontiers in Psychology, 15, Article 1392296. DOI: 10.3389/fpsyg.2024.1392296
Intuition vs. Reflexion: Grehl, S., & Tutić, A. (2022). Intuition, reflection, and prosociality: Evidence from a field experiment. PLOS ONE, 17(2), e0262476. DOI: 10.1371/journal.pone.0262476
Hilfsbereitschaft und Glück: Proulx, J. D. E., Castaneto, K. K., Cash, T. A., & Aknin, L. B. (2025). A narrative review of the consistency, rigor and generalizability of experiments on prosocial behaviors and happiness. Discover Psychology, 5, Article 10. DOI: 10.1007/s44202-025-00327-6
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