Rekorde mit 80: Sie haben den Appalachian Trail und den Ironman Kona bezwungen
“Dieses Leben ist eine Reise. Vielleicht ist es eine Reihe kleiner Reisen. Und je grösser deine Anstrengungen sind, desto grösser ist die Belohnung”, sagt Kellenberger. Foto: Betty Kellenberger
Alter ist, wie man so schön sagt, nur eine Zahl. Mit 80 Jahren nehmen es die meisten Menschen etwas gemütlicher. Einige sind gesundheitlich gezwungen, einen Schritt zurückzutreten. Und für zwei bemerkenswerte Frauen bedeuteten 80 Jahre die Erfüllung eines lange gehegten Traums.
Betty Kellenberger: Den Appalachian Trail bezwingen
Mit 80 Jahren hat sich Betty Kellenberger in die Geschichtsbücher des Appalachian Trails eingetragen. Sie ist die älteste Frau, die jemals den gesamten 3500 Kilometer langen Weg gewandert ist, der sich im Osten der USA von Georgia bis Maine erstreckt.
Ihr erster Versuch begann 2022 und war alles andere als einfach. Ihr Wanderpartner musste den Trail nach einem Sturz verlassen. Kellenberger machte weiter, kämpfte aber mit Dehydration, erlitt eine Gehirnerschütterung nach einem Sturz und erkrankte sogar an Borreliose durch einen Zeckenbiss. Sie musste ihr Abenteuer abbrechen und versuchte es 2023 erneut. Dieses mal ohne Wanderpartner, der nicht mitkommen konnte. Nach einem schlimmen Sturz musste sie erneut aufgeben. Und dann starb ihr Wanderpartner, ein US-Navy-Veteran. In diesem Moment beschloss sie, es noch einmal zu versuchen, um ihren Freund und seine Verdienste für das Land zu ehren, wie sie sagt.
Eine Knie-Operation verzögerte ihren Start 2024 um mehrere Monate, aber schliesslich brach sie im August wieder auf. Rund einen Monat später zwang sie ein Hurrikan, ihre Wanderung Richtung Süden zu unterbrechen. Die Bedingungen waren so gefährlich, dass alle Menschen die südlichen Regionen des Trails verlassen mussten. Die Appalachian Trail Conservancy bot dafür die Möglichkeit, 2025 zurückzukehren und den Trail unter modifizierten Richtlinien trotzdem zu vollenden.
Kellenberger tat dies und setzte ihr Abenteuer im März 2025 fort. Zählt man die Versuche in den Jahren zuvor, sagt sie, sei sie einen Grossteil des Trails zweimal gewandert. Und dieses Mal konnte sie nichts aufhalten. Sie kämpfte sich durch und erhielt schliesslich auf dem Weg einen Trail-Namen: Betty the Legend. Und kurz bevor sie den nördlichen Endpunkt des Trails in Maine erreichte, wurde auch ihr Alter ein Thema und man sagte ihr, dass sie einen Rekord aufstellen könnte.
Betty the Legend: Sie verdiente sich ihren Trail-Namen und vollendete den Appalachian Trail nach mehreren Versuchen. Foto: Betty Kellenberger
Der Rekord war aber eigentlich nur eine zufällige Zugabe und nicht das Ziel der 80-Jährigen. Kellenberger sagt, sie habe von dieser Wanderung geträumt, seit sie in der Grundschule war. Und nun hat sie es geschafft. Über ihre Reise sagt Betty the Legend: “Man sieht unglaubliche Teile des Landes, Dinge, die man sonst nie sehen würde. So viele wilde Tiere. Es ist einfach wunderschön.” Was ihr jedoch am meisten bedeutete, waren die Menschen, die sie unterwegs traf. Mitwanderer, sogenannte Trail Angels und Fremde, die zu Freunden wurden.
Sie ist stolz darauf, den Trail vollendet zu haben, gibt aber zu, dass sie die Ruhe und Gelassenheit des Wanderns in der Natur vermissen wird. “Dieses Leben ist eine Reise. Vielleicht ist es eine Reihe kleiner Reisen. Und je grösser die Anstrengung, desto grösser die Belohnung”, sagt sie. Ihr Rat an andere lautet: Bleibt aktiv, setzt euch ein Ziel und arbeitet darauf hin. Beeilt euch nicht, es zu erreichen, aber lebt jeden Tag. Und: “Lasst euch nicht von den Ängsten anderer Leute aufhalten. Es wird immer jemanden geben, der denkt, dass man auf dem sicheren Sofa bleiben sollte.”
Natalie Grabow: Eiserner Wille beim Ironman
Ebenso inspirierend ist Natalie Grabow, ebenfalls 80, die zur ältesten Frau wurde, die die Ironman-Weltmeisterschaft auf Hawaii vollendet hat. Als junge Frau träumte Grabow davon, an Rennen teilzunehmen, aber die Möglichkeiten für Athletinnen waren damals begrenzt. “Wir konnten Cheerleader sein, aber das wars auch schon”, sagt sie. “Wir hatten nicht die Sportarten, die die Jungs hatten.” Sie begann später in ihrem Leben mit dem Laufen. Als ihre Freundinnen sich an Triathlons wagten, machte sie aber nicht mit, weil sie nie schwimmen gelernt hatte.
Doch das konnte sie nicht lange zurückhalten. Sie ging schliesslich in das lokale Schwimmbad und lernte mit 59 Jahren schwimmen. Und das war erst der Anfang. Seitdem hat sie stetig ihre Ausdauer und Widerstandsfähigkeit aufgebaut, um auch im hohen Alter noch die Anforderungen eines Triathlons zu meistern.
Wobei der Ironman kein gewöhnlicher Triathlon ist, sondern ein aussergewöhnliches Rennen: fast vier Kilometer Freiwasserschwimmen, 180 Kilometer Radfahren und ein kompletter Marathon zum Abschluss. In der zermürbenden Hitze Hawaiis. Dieses Jahr gaben sechzig jüngere Teilnehmer vor der Ziellinie auf. Grabow jedoch kämpfte sich mit letzter Kraft ins Ziel. Sie war die einzige Teilnehmerin in der Altersgruppe 80 Jahre oder älter, kein Mann versuchte es dieses Jahr.
Natalie Grabow ist die erste Frau über 80, die den Ironman Kona beendet hat.
Grabow hat nun, seit sie sich selbst das Schwimmen beigebracht hat, 16 Ironmans und weitere 77 Triathlons absolviert. Und sie ist immer noch hungrig auf mehr. Sie will die älteste Frau werden, die jemals einen Ironman beendet hat. Die älteste Finisherin war bisher 82 Jahre alt und beendete den Ironman Canada.
Ihre grösste Herausforderung ist dabei die Zeit. Die Teilnehmer haben 17 Stunden, um die Ziellinie zu erreichen. Grabow brauchte nun 16 Stunden, 45 Minuten und 26 Sekunden. Das ist immerhin 3 Minuten schneller ist als bei ihrer Teilnahme im Jahr 2022. Aber es gibt nicht viel Spielraum für Fehler, wie sie sagt. Deshalb lebt sie im Grunde für ihre Rennen.
Grabow beginnt ihre Trainingstage früh mit Frühstück, gefolgt von Dehn- und Mobilitätsübungen. “Das wird mit zunehmendem Alter immer wichtiger”, sagt sie. Ihre Trainingseinheiten umfassen dann zwei der drei Triathlon-Disziplinen: Laufen, Schwimmen und Radfahren. Ihr Coach verfolgt ihre Zeiten und Grabow konzentriert sich darauf, ihren Motor am Laufen zu halten. “Ernährung ist sehr wichtig, ich esse etwa fünfmal am Tag”, sagt sie. Sie verfolgt dabei keine spezielle Diät und isst auch Süssigkeiten und Schokolade.
Ihr Rat an andere: Startet mit regelmässiger Bewegung. Strebt nach Konstanz. Passt die Trainingseinheiten danach an, wie ihr euch gerade fühlt. Plant Ruhetage ein. Integriert Dehnübungen und aktive Erholung (Gehen, Yoga, leichtes Schwimmen), besonders mit zunehmendem Alter. Wählt ein Ziel, das motiviert und das mit stetigen Fortschritten erreichbar ist. Dass gibt dem Training einen Sinn und liefert Motivation.
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